Helmut Höge: Pferde (2012)

Wer heute über Tiere schreibt, schreibt kaum über sie, schreibt über etwas anderes. Als Metapher spießt man sie auf, sind sie Vehikel für eine Kritik am Menschen und seiner Nabelschau. Das wäre nur halb so wild, verschwände nicht das Tier. In Helmut Höges Büchern aus der Reihe Kleiner Brehm ist das anders. Wie dem Tierforscher Alfred Brehm geht es auch Höge um das tierliche Individuum. Wir treffen also auf ein Pferd, das ebenso neurotisch ist wie Höge selbst, der 1977 mit ihm durchs Innere der BRD wandert. Und während das Pferd immer abgeklärter wird, sich nicht mal mehr vor Autos fürchtet, tut es unser Tagebuchschreiber immer öfter: Es ist Deutscher Herbst, Höge mit langen Haaren potenzieller Terrorist. Diese dunkle Geschichte aus dem Herzen der BRD erfahren wir en passant – von einem, der statt auf dem Pferd zu reiten, nebenhergeht.

(Zuerst erschienen auf ZEIT.de, Sommer 2012)


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